Gutes Zeitmanagement: Ein Interview mit Expertin Thea Wulff über Tipps und Strategien

In dem Interview verrät Expertin Thea Wulff, mit welchen Tipps und Strategien Sie Ihr Zeitmanagement verbessern können.

  • Linda Wickert

Haben Sie auch das Gefühl, Ihnen läuft die Zeit davon? Eine ewig lange To-do-Liste, ständige Ablenkung durch Smartphone und E-Mails, immer mehr Überstunden und am Ende des Arbeitstages weiß man oft gar nicht, was man gemacht hat. Wenn Sie sich in diesem Szenario wiederfinden, sind Sie nicht allein. Laut einer aktuellen Studie fühlen sich immer mehr Erwerbstätige überlastet und sehen sich gefährdet an einem Burn-out zu erkranken. Ein bewusster Umgang mit der Zeit und die Fokussierung auf das Wesentliche sind daher von entscheidender Rolle, um nicht den Überblick zu verlieren und mental gesund zu bleiben. Welche Verhaltensweisen und Tipps es dabei zu beachten gilt, weiß Thea Wulff, Expertin und Coach für Zeit- und Selbstmanagement. Wir haben mit ihr gesprochen und nach ihren Empfehlungen gefragt.

Frau Wulff, was ist Zeitmanagement und was bedeutet es für Sie als Expertin?

Viele Menschen verstehen unter Zeitmanagement die Beschäftigung mit Werkzeugen und Prozessen, die sie effizienter und effektiver arbeiten lassen. Für mich ist Zeitmanagement aber ein sehr viel größeres Feld und vor allem die Auseinandersetzung mit sich selbst. Wie verbringe ich kompetent meine Zeit? Welche Methoden und Werkzeuge kenne ich, um gut mit meiner Zeit umzugehen? Und habe ich die Autonomie darüber zu entscheiden, wie ich mit meiner Zeit sinnvoll umgehe? Zeitmanagement ist immer individuell zu betrachten. Es kommt sehr auf den Job, die Lebensumstände und persönliche Präferenzen an. Zudem muss man sich ausprobieren, immer wieder Details anpassen und Zeit investieren, bis man erste Effekte bemerkt.

Gibt es Tipps, die jeder schnell umsetzen kann, um sein Zeitmanagement zu verbessern? 

Natürlich! Eine gute Planung ist Grundvoraussetzung. Investieren Sie jeden Morgen rund zehn bis zwanzig Minuten in eine Tagesplanung und erstellen Sie aus allen Aufgaben, die z. B. aus E-Mails oder Notizen hervorgehen, eine Liste. So erhalten Sie einen guten Überblick und können Ihren Fokus auf einzelne Aufgaben setzen, denn auf der Liste stehen schnell 20 bis 30 To-dos. Diese müssen im nächsten Schritt geclustert werden. Vergeben Sie für jeden Wochentag eine Farbe und markieren Sie sich maximal fünf Aufgaben für den jeweiligen Tag. Dabei ist es wichtig, im Budget zu planen und Pfufferzeit zu berücksichtigen. Verplanen Sie keine acht Stunden Arbeitszeit, sondern berücksichtigen Sie Pausenzeiten, Meetings und die Verwaltung von Kommunikationskanälen. Ihr Tagesbudget ist weitaus geringer als Sie annehmen.

Ausgehend von einem 8 Stunden Arbeitstag ist die Bearbeitung von E-Mails für viele ein großer Zeitfresser. Wie kann man sich hier besser strukturieren?

Die Bearbeitung von E-Mails ist eine Sisyphosarbeit. Daher rate ich meinen Seminarteilnehmern E-Mails immer nur in festen Zeiten zu bearbeiten und Pushnachrichten auszuschalten. Nur so lässt sich das Werkzeug selbst steuern und nicht umgekehrt. Konkret bedeutet das folgendes: Tragen Sie sich für die Bearbeitung von E-Mails zwei bis drei feste Zeiten pro Arbeitstag ein, zum Beispiel eine Stunde vor der Mittagspause und zweimal 30 Minuten am Nachmittag. Sorgen Sie vorab für eine gute Übersicht und erstellen Sie verschiedene Unterordner. Diese können beispielsweise nach Projekten sortiert sein. Sobald Ihr Bearbeitungsslot startet, beginnen Sie mit der Sortierung im Posteingang. Sie öffnen die Nachricht, erfassen kurz den Inhalt und entscheiden dann zu welcher Kategorie die E-Mail gehört. A-Mails sind ohne großen Aufwand zu beantworten. B-Mails sind Mails, die eine längere Antwort benötigen bzw. ein umfangreicheres To-do beinhalten. C-Mails bedürfen keiner Antwort, weil Sie zum Beispiel in CC stehen oder es sich um einen Newsletter handelt.

Und wie arbeite ich die A-, B-, und C-Mails nun ab?

Alle A-Mails stellen Sie wieder auf ungelesen. Diese bleiben im Posteingang. Alle B-Mails werden konkrete Aufgaben, das heißt Sie notieren einen Vermerk auf Ihrer To-do-Liste und sortieren sie als „ungelesen“ in den jeweiligen Unterordner. Wenn Sie bereits wissen, dass Sie die Aufgabe heute nicht mehr erledigen, schicken Sie dem Absender eine kurze Information, bis wann er mit einer Antwort rechnen kann. Alle C-Mails nehmen Sie zur Kenntnis, löschen diese anschließend oder verschieben sie in den jeweiligen Unterordner.

Im nächsten Schritt bearbeiten Sie die A-Mails, die noch im Posteingang sind, beginnend bei der ältesten und hier gilt: alles, was Sie innerhalb von fünf Minuten ohne längere Recherche beantworten können, erledigen bzw. beantworten Sie auch sofort. Sobald Ihre Bearbeitungszeit endet, schließen Sie das Postfach und widmen sich Ihrer nächsten Aufgabe auf der To-do-Liste. Falls Sie alle A-Mails vor dem Ende der Bearbeitungszeit beantwortet haben, können Sie die restliche Zeit mit B-Mails verbringen. Im nächsten E-Mail-Bearbeitungsslot beginnen Sie wieder mit dem Sortieren der neu eingegangenen Nachrichten und bearbeiten anschließend A-Mails. Orientieren Sie sich an folgender Faustregel: Jeder Absender sollte innerhalb von 24 Stunden eine erste Rückmeldung von Ihnen erhalten. Natürlich setzt so ein Vorgehen sehr viel Selbstdisziplin und gewisse Spielregeln, die Sie auch mit Ihren Teamkolleginnen und Kollegen festlegen müssen, voraus.

Welche Spielregeln können Sie Teams empfehlen, die ihr Zeitmanagement verbessern möchten?

Hinterfragen Sie unbedingt die Anzahl Ihrer Kommunikationskanäle. Was brauchen Sie als Team wirklich? Zu viele Kanäle sind Ablenkungsquellen und kontraproduktiv. Ein gutes Zeitmanagement im Team setzt außerdem eine Kompromissbereitschaft aller Teammitglieder voraus. Bestimmen Sie gemeinsam feste Zeiten, denn auch für die Arbeit im Team ist Planung sehr wichtig. Natürlich können Sie nicht die komplette Woche für alle durchdeklinieren, aber Sie sollten sich auf zwei bis drei große Blöcke einigen. So kann zum Beispiel am Montagvormittag das große Teammeeting für sämtliche Abstimmungen stattfinden, dafür ist am Mittwochnachmittag für alle Fokuszeit und niemand wird in seiner Arbeit gestört.

Gibt es eine Methode, die sich bei Ihren Seminarteilnehmern besonders etabliert hat, wenn sie als Team zu viele Projekte auf der To-do-Liste haben?

Ja, die Fake-4-Tage-Woche. Alle Aufgaben und Termine werden von Montag bis Donnerstag geplant und am Freitag ist das Team angeblich nicht erreichbar. Natürlich arbeiten alle auch freitags, aber sie haben damit automatisch Pufferzeit für Aufgaben gewonnen, die bisher liegengeblieben sind, können die Zeit für Qualitätsmanagement oder auch Kreativität und Innovationen nutzen.

Welchen Tipp haben Sie abschließend noch für alle, die sich mit dem Thema Zeitmanagement beschäftigen?

Ich erlebe immer wieder, dass Menschen versuchen, ein gutes Zeit- und Selbstmanagement auf alle Lebensbereiche zu übertragen und in einem Optimierungswahn feststecken. Zeitmanagement darf aber nicht zum Stressfaktor werden. An manchen Tagen muss auch mal der Plan sein, keinen Plan zu haben und Aufgaben eben nicht effizient zu erledigen. Ich gebe dazu gerne ein konkretes Beispiel aus dem Alltag: Natürlich können Sie auf einen Lebensmittellieferdienst zurückgreifen und in nur zwei Klicks den Kühlschrank befüllen lassen, aber Sie sollten trotzdem nicht vergessen, wie schön es ist, mit einem Korb auf dem Wochenmarkt einzukaufen und sich einfach mal inspirieren zu lassen. So wunderbar effizient Zeitmanagement auch ist, manchmal müssen wir uns auch die Freiheit nehmen, planungsfrei zu sein und diesen Zustand in vollen Zügen genießen. Denn so entstehen mitunter die besten Ideen – auch in der Arbeitswelt.

Thea Wulff arbeitete fast 20 Jahre in der Medienwirtschaft als Kommunikations- sowie Personalleiterin und übernahm immer wieder gern auch Projekte über die Abteilungsgrenzen hinaus. Schon aus diesem Grund begann sie sich früh mit dem Thema Zeit- und Selbstmanagement zu beschäftigen. Seit 2019 ist die studierte Betriebswirtin selbstständig als "Trainerin für tolles Arbeiten“ bundesweit für verschiedenste Unternehmen und Weiterbildungsinstitute tätig und arbeitet mit Führungskräften zu den Themen Zeit, Kommunikation und Führung. Wulff lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Berlin. Wenn neben Beruf und Familie noch Zeit bleibt, gibt sie in ihrem Podcast „TeaTime.Berlin“ ausführliche Anregungen zum Thema Zeit- und Selbstmanagement. 

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