Die sog. „Vier-Tage-Woche“ ist an sich kein neues Phänomen, sondern wird bereits seit einigen Jahren immer wieder in der Öffentlichkeit diskutiert. Gemeint sind damit Konzepte, bei denen – i.d.R. bei gleichbleibendem Monatslohn – nur noch an vier Tagen pro Woche gearbeitet wird. Je nach Ausgestaltung kann dies mit einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit einhergehen, muss es aber nicht.
Zuletzt hat ein sechsmonatiges Pilotprojekt in Großbritannien das Thema wieder in den Fokus gerückt. Dabei hat sich wie schon bei früheren Modellversuchen in Island und Spanien gezeigt, dass vor allem eine Reduzierung der Arbeitstage und des Arbeitsvolumens zu Effizienzsteigerungen und mehr Wohlbefinden der Beschäftigten beitragen kann. Für Arbeitgeber*, die mit der Einführung einer Vier-Tage-Woche liebäugeln, stellt sich allerdings die Frage, ob und inwieweit dies arbeitsrechtlich umsetzbar ist.
Arbeitszeitgesetz muss bei der Gestaltung berücksichtigt werden
Bei der konzeptionellen Ausgestaltung der Vier-Tage-Woche sind zunächst – soweit anwendbar – die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Danach darf die werktägliche Arbeitszeit der Beschäftigten acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann jedoch auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Abweichungen sind nur in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen und damit nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Arbeitszeitgesetz grds. von einer Sechs-Tage-Woche, also insgesamt von bis zu 48 Wochenarbeitsstunden ausgeht. Wird die Arbeitszeit auf weniger als sechs Werktage pro Woche verteilt, kann also mehr als acht, höchstens aber bis zu zehn Stunden pro Werktag gearbeitet werden. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von bspw. 40 Stunden wäre es also möglich, eine Vier-Tage-Woche einzuführen, ohne die Arbeitszeit zu verkürzen. Die 40 Stunden könnten dann auf vier Arbeitstage mit jeweils max. zehn Stunden pro Werktag verteilt werden. Auch hier gelten jedoch gesetzliche Einschränkungen, z.B. für werdende und stillende Mütter oder auch für Jugendliche, für die die strengeren Regelungen des MuSchG bzw. JArbSchG gelten.
Eine solche Ausgestaltung erhöht allerdings das Risiko, dass zumindest in Einzelfällen die werktägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden überschritten wird. An den vier Arbeitstagen könnten keine Überstunden / keine Mehrarbeit angeordnet werden, da sonst die werktägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden überschritten würde. Für Arbeitgeber, die nicht aufgrund entsprechender Tarifverträge oder Rechtsverordnungen ausnahmsweise hiervon abweichen dürfen, kann dies mit erheblichen Beeinträchtigungen des Betriebsablaufs oder jedenfalls mit Flexibilitätseinbußen – sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Beschäftigtenseite – verbunden sein. Mit Blick auf die arbeitszeitrechtlichen Vorgaben sollten Arbeitgeber zudem prüfen, ob bei ihnen bestehende Gleitzeitmodelle auch bei einer Vier-Tage-Woche noch umsetzbar wären.
Eine weitere Konsequenz der Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes ist, dass in Arbeitsverhältnissen, die eine wöchentliche Arbeitszeit von mehr als 40 Stunden vorsehen, eine Vier-Tage-Woche nicht ohne gleichzeitige Verkürzung der Arbeitszeit umgesetzt werden kann. In diesem Fall kann die wöchentliche Arbeitszeit nicht auf vier Arbeitstage verteilt werden, ohne dass an mind. einem Tag die zulässige Höchstarbeitszeit von zehn Stunden überschritten wird.
Darüber hinaus muss der Arbeitgeber die gesetzlich vorgeschriebene ununterbrochene Ruhezeit von mind. elf Stunden nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit einhalten. Bei einem Arbeitsende um 19.00 Uhr darf die Arbeit am folgenden Tag also frühestens um 6.00 Uhr wieder aufgenommen werden. Kürzere Ruhezeiten sind nur in engen, gesetzlich geregelten Ausnahmefällen möglich. Für bestimmte Personengruppen, z.B. für Jugendliche nach dem JArbSchG, gelten noch strengere Anforderungen an die Ruhezeit.
Die Dauer der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestruhezeiten kann sich insgesamt auch erhöhen, wenn Beschäftigte aufgrund der Vier-Tage-Woche an einzelnen Arbeitstagen mehr als neun Stunden arbeiten müssen. In diesem Fall muss die Arbeitszeit durch Ruhepausen von insgesamt mind. 45 Minuten unterbrochen werden.
Kein Anspruch der Beschäftigten auf Einführung der Vier-Tage-Woche – Direktionsrecht
Die Einführung der Vier-Tage-Woche steht grds. im freien Ermessen des Arbeitgebers. Vorbehaltlich abweichender Regelungen im Tarifvertrag, in der Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag kann der Arbeitgeber daher im Rahmen seines Direktionsrechts einseitig die Verteilung der vereinbarten Arbeitszeit auf vier Arbeitstage in der Woche bei gleichbleibendem Arbeitsentgelt anordnen, ein Anspruch der Beschäftigten hierauf besteht jedoch nicht. Haben die Parteien hingegen bereits im Arbeitsvertrag eine andere Verteilung vereinbart, bedarf es einer entsprechenden Änderungsvereinbarung. Auch Regelungen in einer Betriebsvereinbarung oder in einem anwendbaren Tarifvertrag können Bestimmungen über die maßgeblichen Wochenarbeitstage enthalten, die vorrangig zu beachten sind.
Soll die Umverteilung der Arbeitszeit auf vier Tage mit einer gleichzeitigen Reduzierung des Arbeitsvolumens verbunden werden, kann dies i.d.R. nur durch eine gemeinsame Regelung abgebildet werden. Denn eine einseitige Anordnung wäre nicht mehr von § 106 GewO gedeckt. Entscheidend für die Akzeptanz einer solchen Vereinbarung dürfte jedoch die Fortzahlung des bisherigen (vollen) Arbeitsentgelts sein. Vor der Umsetzung eines solchen Konzepts sollte allerdings kritisch geprüft werden, ob und inwieweit dies ggf. zu einer Ungleichbehandlung im Rahmen bestehender Vergütungsstrukturen (z.B. im Hinblick auf bereits bestehende Vereinbarungen mit Teilzeitkräften) führen oder mitbestimmungsrelevant sein könnte.
Gelingt eine einvernehmliche Lösung hingegen nicht und kommt auch eine einseitige Anordnung der Vier-Tage-Woche nicht in Betracht, kann der Ausspruch einer Änderungskündigung in Erwägung gezogen werden, wobei fraglich ist, ob diese tatsächlich durch das Vorliegen betrieblicher Gründe gerechtfertigt ist.
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beachten
Soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht, hat der Betriebsrat bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Das Mitbestimmungsrecht umfasst auch die Frage, an wie vielen Tagen in der Woche gearbeitet werden soll. Bei der kollektiven Einführung der Vier-Tage-Woche ist daher zwingend der Betriebsrat – ggf. im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens – zu beteiligen. Darüber hinaus kann ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG in Betracht kommen, insbesondere bei Überstunden oder einer vorübergehenden Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Jedenfalls stellt die Umstellung auf vier Arbeitstage pro Woche – auch bei gleichzeitiger Verkürzung der Arbeitszeit – keine mitbestimmungspflichtige Versetzung i.S.d. § 99 BetrVG dar.
Einführung der Vier-Tage-Woche bedarf vorausschauender Planung
Die Einführung der Vier-Tage-Woche ist also grds. rechtlich möglich. Sie bedarf jedoch einer sorgfältigen Vorbereitung und Prüfung der betriebsorganisatorischen Abläufe, insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Arbeitsschutz. Nicht zuletzt müssen Arbeitgeber im Auge behalten, dass die Beschäftigten bei diesem neuen Arbeitsmodell grds. „mitziehen“ müssen und auch der Betriebsrat gem. den gesetzlichen Bestimmungen zu beteiligen ist, was naturgemäß zu einer zeitlichen Verzögerung der Umsetzung führen kann und im Rahmen der Projektaufsetzung bei vorausschauender Planung zu berücksichtigen ist.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.
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Dieser Beitrag wurde zuerst auf dem CMS-Blog veröffentlicht.